Léon Spilliaert wird oft als Maler bezeichnet, in erster Linie aber war er Zeichner. Maler arbeiten normalerweise mit Pinsel und Farbe auf Leinwand, Holz oder Kalkputz verwenden, während Spilliaerts bevorzugte Medien Tusche, Pastell, Aquarell, Gouache und Bleistift waren und zwar fast ausschließlich auf Papier oder Karton. Ölfarbe nutzte er nur selten, sodass man ihn also streng genommen nicht als Maler betiteln darf.
Was Spilliaert einzigartig machte, war, dass er schnelle, flexible Materialien und Techniken nutzte, die ihm viel Raum zum Experiment ließen. Er hatte auch kein großes Atelier. Da er oft kleinformatig arbeitete und ihm meist ein stabiles Zeichenbrett als Unterlage genügte, arbeitete er zumeist in seinem Wohnzimmer.1 So schuf er zahllose Arbeiten auf Papier gegenüber nur etwa 60 Ölgemälden, die eine lange Trocknungszeit hatten.2 Sein enormes Œuvre umfasst etwa 5.000 Bilder, während sein Stadtkollege James Ensor, der insgesamt 20 Jahre länger lebte, zum Vergleich nur rund 850 Werke malte, neben einer Vielzahl von Zeichnungen und Radierungen.
Spilliaert war also mit Sicherheit ein Zeichner, wobei es auch nicht ganz falsch wäre, ihn einen Maler zu nennen. Zu seiner Zeit wurden seine Werke als „Tableaux“ (Gemälde, Bilder) bezeichnet und selbst nannte er sich gelegentlich „Artiste Peintre“ (Maler). Damit nicht genug: Auf seinem Grab auf dem Friedhof an der Stuiverstraat in Ostende steht: „Kunstschilder (Kunstmaler) Léon Spilliaert“. „Zeichner“ oder „Papierkünstler“ klingen nun einmal nicht genauso gut.